Unsere Kniegelenke schonen, heisst mehr Platz und Entspannung im und ums Gelenk schaffen. Dies hilft bei Knieleiden, die mit wenig Platz verbunden sind:
- bei der Kniearthrose,
- beim Retropatellären Schmerzsyndrom,
- beim Iliotibialtrakt-Scheuersyndrom,
- bei vielen Knorpelläsionen im Kniegelenk.
Zwei Veränderungen in der Bewegung und Haltung sind dabei absolut wichtig:
- Die Schwungphase der Beine beim Gehen und Laufen sollte entspannt sein, d.h. die Aufhängung des ganzen Beines in dieser Bewegungsphase völlig locker.
- Das Knie sollte nicht die alleinige Federung übernehmen müssen, sondern unterstützt sein von der Hüftgelenks- und der Fussfederung.
Beide dieser Veränderungen werden durch folgende Bewegungsart erreicht, die im Rolfing gelernt wird:
- Gehen und Laufen mit dem Schwerpunkt vor der Lotlinie, d.h. ein Gezogenwerden vom eigenen Körpergewicht.
- Becken hinter dem Lot.
1. und 2. zusammen bewirken ein passives Pendeln des Beines in der Schwungphase aus dem Becken raus.
1. lässt erst die Füsse in einer Ganzfusstechnik als „Längsfeder“ wirken und
2. ermöglicht erst eine Hüftgelenksfaltung und damit -Federung.
Die leichte Schwerpunktverlagerung beim Gehen nach vorne ist die massgebende Veränderung:
Wenn unser Brustbein beim Gehen eine leichte Schiebebewegung nach vorne vollführt (1), das Becken dadurch etwas zurückbleibt (2) und dann die Beine locker hinten nachschwingen (3), können alle Bein- und Fussmuskeln in dieser Schwungphase völlig entspannt bleiben.
Dadurch hängt das Schwungbein aus der Hüfte. Es pendelt dadurch eigentlich am tiefen Psoasmuskel und seinen Faszien („im Filet“) aus dem Bauch. Die Oberfläche des Beines wird dabei völlig entspannt und verkürzt sich nicht, was viel mehr Platz um und im Kniegelenk ergibt. Es ergeben sich viel weniger Scheuerkräfte der anliegenden Sehnen (Iliotibialtrakt, Patellarsehne und Patella…).
Man erkennt diese Entspanntheit der Oberfläche auch in den dünnen, vogelähnlichen Beinstrukturen der nativen Afrikanern (schwarzafrikanische Langstreckenläufer!).
Ganzfusstechnik und Längsfeder des Fusses
Durch die Gewichtsverlagerung beim Gehen/Laufen nach vorne, setzt man zuerst ganz leicht mit der Ferse auf, die aber noch kaum Gewicht trägt. Erst beim Aufsetzen des Mittel- und Vorfusses kommt dann der Hauptteil des Körpergewichts zum Tragen. Der ganze Fuss wirkt dabei wie eine Längsfeder. Unser menschlicher Fuss ist bereits im Skelett angelegt eine wunderbare Feder, die durch die Weichteile (Plantarfaszie, Längs-und Quergewölbe) noch optimal ergänzt wird. Man muss mit dieser Vorlage im Oberkörper und der dazugehörenden Ganzfusstechnik den Fuss zum Schluss nicht einmal mehr abstossen. Der menschliche Fuss gibt fast 70% seiner Aufstossenergie wieder in den Abstoss frei. Unser Fuss stösst sich praktisch selbst wieder wie eben eine Feder ab.
Diese Federung und diejenige der Hüftgelenke (die erst zustande kommen kann, wenn das Becken leicht hinter dem Lot liegt) entlastet enorm unser Kniegelenk!
Im Gegensatz dazu erachte ich die reine „Vorfusstechnik“ (bei der man die Ferse nicht aufsetzt sondern direkt den Vorfuss) als medizinisch bedenklich. Sie resultiert in vielen Bindegewebsproblemen im Unter- und auch im Oberschenkel. Der Vorfussläufer fängt sein Körpergewicht nach dem Vorfuss und der Plantarfaszie vor allem über die Wadenmuskulatur und die Achillessehne ab. In diesen Strukturen finden sich dann auch meist die Überlastungsreaktionen und Symptome.
Die Vorfusstechnik wird oft von schnellen Läufern, die leistungsbetont auf Zeit laufen, angewendet, da damit die kleinste Fläche auftritt und die Reibung am geringsten bleibt. Im Marathon wird dies vor allem in der ersten Hälfte benützt, um später – bei Ermüdung – auf die hier beschriebene Ganzfusstechnik umzusteigen. Ich schreibe hier aber nicht für Spitzenläufer, sondern für dasgehen im Alltag und diejenigen Wanderer und Läufer, die mit ihrem Laufstil auch noch nach 10, 20 oder mehr Jahren gesund sein wollen!
Natürlich ist auch die „Rückfusstechnik“ (Gewicht auf der Ferse) ein Ausdruck von Ungleichgewicht und unökologischem Kraftaufwand. Der Schwerpunkt ist zu weit hinten. Ich werde deshalb von meinem Gewicht nach hinten gezogen und renne auch in der Ebene immer „bergauf“! Beim Rückfusslauf wird, um beim Bodenkontakt sein Körpergewicht abzufangen, als natürliches Dämpfsysteme die Pronationsbewegung im Rückfuss eingesetzt, die zu einer entsprechend hohen Belastung der am Innenknöchel liegenden Tibialis-posterior-Sehne führt. Überlastungsreaktionen beim Rückfussläufer betreffen daher bevorzugt die Sehnenregion am Innenknöchel aber auch z.B. das mediale Schienbeinkantensyndrom (mehr hier).
Mehr dazu hier auf meiner Website: www.dr-walser.ch/jogging/#ganzfusstechnik
und allgemein über das Knie und Knieschmerzen: www.dr-walser.ch/knie/
Letzte Aktualisierung von Dr.med. Thomas Walser:
27. August 2022